Kinder & Familie

„Nimm dir Zeit“

Donnerstag Morgen. 9:01 Uhr. Wir sind, wie so oft, die Ersten im Opelzoo. Meine Kinder waren schon immer Frühaufsteher. Und ich? Nicht wirklich, aber wen interessiert schon der Rhythmus einer Mutter??

Dennoch, ich geniesse die frische, unverbrauchte Luft am Morgen. Die Ruhe. Das Vogelgezwitscher. Und ehrlich gesagt, geniesse ich MOMENTE, in denen wenig Menschen um mich herum sind.

Im Job, egal welchen ich hier nun aufliste, sei es meine Tätigkeit als Flugbegleiterin, als Hochzeitsplanerin oder Sängerin. Irgendwie sind das alles Jobs, in denen man extrem im Mittelpunkt steht (oder soll man sagen in der Schusslinie?).

Ich habe sie mir ganz bewusst so ausgesucht. Ich bin ein extrovertierter Mensch. Mit dem Alter und der Familienpriorität ändern sich jedoch Verhaltensmuster und Vorlieben. Ich werde inteovertierter. Sammle meine Energie und das tut mir gut.

Ich bin gern allein. Nicht, weil ich keine Kontakte habe (ganz im Gegenteil), sondern weil ich es geniesse, allein zu sein und ich es mir oft so aussuche. Ich sage ganz oft, ich habe keine Zeit. In Wirklichkeit bin ich einfach gern allein.
Ich geniesse Momente, in denen ich beobachten kann. Und ich liebe es, mir ZEIT fürs Wesentliche zu nehmen.
ZEIT…, das kostbarste Gut, das wir haben und das wir mit keinem Geld der Welt zu bezahlen wissen.
Erwischen wir uns alle nicht ständig dabei, wie wir diesem dämlichen Zeiger hinterherlaufen? Vermutlich bestätigst du diese Aussage mit einem Kopfnicken und schmunzelst dabei sogar.
Selbst in Momenten, wo wir es schaffen könnten, unsere Welt kurz anzuhalten, selbst dann werden wir Opfer vom Alltagsdruck.

Wie der gross gewachsene Mann mit Frau und Kind, der gerade eben hinter uns an der Kasse stand.
Oma und Opa hatten kürzlich unsere Opelzoo Jahreskarten nicht parat und mussten den Eintritt der Kinder bezahlen. Ich wollte deshalb, nach Vorlage der Tagestickets, den Betrag zurück erstattet bekommen.
Dass dieser Prozess mit der kurzen Angabe meiner Adresse verbunden war, hatte ich nicht geahnt. Aber nur diese Kleinigkeit liess den Mann hinter mir schon ungeduldig werden.
„Oh man, das gibts doch nicht“. „Echt jetzt?“ „Murphy‘s law“, hörte ich ihn genervt sagen (Er hatte kurz zuvor in meine Schlange gewechselt).

Ich war kurz davor zu fragen, ob er es am Donnerstag Morgen um 9:05 Uhr extrem eilig hat. Vermutlich hätte ich aber für diese Frage einen Rüffel kassiert, denn Anhand seiner Stimmfarbe hörte ich seine schlechte Laune heraus. Auf diese Konfrontation hatte ich keine Lust. So früh am Morgen schon gar nicht.
Ich entschied, mich nicht unzudrehen und auch seinen Kommentar zu ignorieren. Es hätte mir unnötig Energie geraubt und die möchte ich gerade ganz akribisch für mich behalten.

Wie traurig, dass wir heute für nichts mehr Zeit haben. Warum? Wenn wir doch alle etwas ACHTSAMER sein würden. Es ist egal, wo ich hinschaue. Da wird an der Kasse gemäckert, weil es zu lange dauert. Kein Mensch kann mehr 2 Minuten an der Kasse warten, denn das ist natürlich eine Zumutung. Da wird gehupt, wenn nicht bei gelb schon losgefahren wird, gedrängelt und beispielsweise das Reissverschlussverfahren misachtet, weil man es totaaaaaal eilig hat und von hinten wird geschupst und geseufzt , wenn der Kinderwagen vor einem den Weg versperrt.

Ich sitze noch immer auf der Bank im Zoo- beobachte meine Kinder. Wie schön sie miteinander spielen. Ein paar andere Kinder kommen dazu. Offensichtlich eine ferienbetreute Gruppe. Ein Junge bekommt Nasenbluten. Weit und breit keine Erzieher in der Nähe. Ich stehe auf und wische dem Kind das Blut aus dem Gesicht. Mutti und ihre Feuchttücher. Die Allzweckwaffe.

Ich spreche, nachdem das Kind sauber gewischt ist, eine Erzieherin an, die davon nichts mitbekommen hat. Einfach, damit sie Bescheid weiss, dass dieses Kind Nasenbluten hatte. ACHTSAMKEIT. Auf Mitmenschen achten. Auf Dinge um sich herum achten. Nicht gleichgültig durchs Leben laufen.

„Ja“, war ihre Antwort. Sie dreht sich um und geht.

Es wird ihnen beigebracht, unseren Kindern… dieses „nicht achtsam sein“. Eine freundliche Geste wie „Herzlichen Dank“ hätte ja schon ausgereicht.

Wir leben im „Stress“. Der eine mehr, der andere weniger. Dabei könnten wir alle viel öfter unsere Welt anhalten.
Ich wünsche mir, dass wir alle ACHTSAMER sind. Mehr GENIESSEN und uns ZEIT nehmen.
Und wenn du bis hier gelesen hast, dann bist du vermutlich (zumindest heute) einen grossen Schritt weiter gekommen. Reflektiere!

Ich sitze noch immer auf der Bank. Es ist ruhig. Meine Kinder spielen. Schön!

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